Die obersten Finanzbehörden der Bundesländer haben in einem Erlass vom 6. März 2024 die Bewertung von Flächen mit Windkraftanlagen und mit Freiflächen-Photovoltaikanlagen neu geregelt, die unter anderem für die Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgebend ist. Die Folgen sind gravierend – vor allem für Flächen mit Windkraftanlagen. Deren bisher relativ niedrige Bewertung wird nach dem Ländererlass der Vergangenheit angehören.
Grundstücke, auf denen Windkraft- oder Freiflächen-Photovoltaikanlagen betrieben werden, gehören laut Erlass zum voll steuerpflichtigen Grundvermögen. Eine Verschonung dieser Grundstücke in der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist nur dann möglich, wenn sie zum Sonderbetriebsvermögen des Schenkers oder Erblassers der Energie erzeugenden Personengesellschaft gehören, an der dieser als Mitunternehmer beteiligt ist. Bei einer ausschließlichen Nutzungsüberlassung als Verpächter kann hingegen nur der in der Erbschaftsteuer geltende persönliche Freibetrag in Abzug gebracht werden. Die neue Bewertungsmethode gilt für alle noch offenen Steuerfälle.
Bodenrichtwert maßgebend
Zu bewerten sind die Flächen als unbebaute Grundstücke mit dem Bodenrichtwert. Wird durch den örtlichen Gutachterausschuss ein Bodenrichtwert für eine entsprechende Nutzung wie etwa für Bauflächen für Energieerzeugung (EE) festgestellt, ist dieser regelmäßig anzusetzen. Die Gutachterausschüsse verfügen in vielen Regionen jedoch nicht über diese Werte. In Gewerbe- oder Industriegebieten ist der Wert auf Grundlage des vorliegenden Bodenrichtwerts für Gewerbegebiete festzustellen. Das dürfte in der Praxis unproblematisch sein. Die Problemfälle dürften regelmäßig Flächen im Außenbereich betreffen. Werden durch den zuständigen Gutachterausschuss keine nutzungsentsprechenden Bodenrichtwerte mitgeteilt und liegen keine anderweitigen geeigneten Daten vor, bestehen nach Ansicht der Finanzverwaltung keine Bedenken, den Bodenwert mit den abgezinsten jährlichen Nutzungserträgen über die Laufzeit zu ermitteln. Als Nutzungsentgelt ist das vereinbarte jährliche Nutzungsentgelt für die Verpachtung anzusetzen. Zusätzlich wird der abgezinste Bodenwert für Ackerflächen in die Bewertung einbezogen.
Beispiel zur Berechnung
Die Windkraftanlage von A ist auf einer bisher land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche von 1.500 m² errichtet worden. Diese Fläche wird von B an A verpachtet. Die vereinbarte jährliche Pacht des B beträgt 100.000 €, der Pachtvertrag ist über 30 Jahre geschlossen. Zum Bewertungsstichtag 15. Mai 2023 beträgt die Laufzeit des Pachtvertrages noch 20 Jahre. Für die Lage des Grundstücks im Außenbereich liegt ausschließlich ein Bodenrichtwert für Ackerlandflächen in Höhe von 5 €/m² vor.
Berechnung Grundbesitzwert: | |
Pacht | 100.000 € |
Kapitalisierungsfaktor Restlaufzeit 20 Jahre, Zinssatz 6% | × 11,47 |
kapitalisiertes Nutzungsentgelt | = 1.147.000 € |
Bodenwert (1.500m² x 5€/m²) | 7.500 € |
Abzinsungsfaktor Restlaufzeit 20 Jahre, Zinssatz 6% | × 0,3118 |
abgezinster Bodenwert | = 2.338 € |
kapitalisiertes Nutzungsentgelt | 1.147.000 € |
abgezinster Bodenwert | + 2.338 € |
Grundbesitzwert | = 1.149.338 € |
Der Grundbesitzwert wäre voll zu versteuern. Lediglich persönliche Freibeträge wären im Fall der Erbschaft oder Schenkung abziehbar.
Auswirkungen auf Windstandorte
Die bisherige Bewertung von Windenergieflächen erfolgte unter Ansatz von 50 % des Bodenrichtwerts des nächstgelegenen Gewerbegebietes. Da die Fläche, auf der die Windkraftanlage steht, lediglich einen geringen Umfang hat, waren die Werte dieser zur Windenergieproduktion überlassenen Grundstücke meist niedrig und lagen oft unter den persönlichen Freibeträgen der Beschenkten. Nun ändert die Finanzverwaltung die Bewertungsmethode dahin, dass der Bodenwert aus den Erträgen der jährlichen Nutzung von Grund und Boden für den Betrieb der Anlage abgeleitet werden soll. Das bedeutet, dass künftig die Nutzungsentgelte über die Laufzeit kapitalisiert als Grundbesitzwert festgelegt werden.
Auswirkung auf Photovoltaik-Freiflächen
Auch für PV-Freiflächen galt bisher, dass in Anlehnung an den Bodenrichtwert für in der Nähe gelegene Gewerbegebiete ein Betrag geschätzt werden konnte. Da sie jedoch oftmals mehrere Hektar umfassen, ergeben sich hohe Grundbesitzwerte und entsprechend hohe Erbschaftsteuerzahlungen. Künftig soll auch hier an die jährlichen Nutzungserträge angeknüpft werden.
Fazit
Im Erlass wird nicht darauf eingegangen, dass sich die Pachten für Windenergieflächen nicht nur auf den Standort des Windrades beziehen, sondern auch umliegende Flächen im Windeignungsgebiet bezahlt werden. Unseres Erachtens müsste der Anteil der Windenergiepachten herausgerechnet werden, der auf die umliegenden Grundstücke entfällt, die weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Diese Entgelte dürften mit dem Grundbesitzwert für die land- und forstwirtschaftlichen Flächen abgegolten und damit auch verschonungswürdig sein. Fraglich ist, ob in der Praxis derartige Aufteilungen immer vorgenommen werden. Ob sich zukünftig die Werte für PV-Freiflächen verringern, hängt davon ab, ob die bisherigen Wertansätze in Höhe von 50 % des nächstgelegenen Gewerbegebietes wesentlich höher waren als die kapitalisierten Entgelte. Unseres Erachtens dürften sich die Entgelte für PV-Freiflächen in einer ähnlichen Größenordnung wie die für Windanlagen bewegen, da die Flächen wesentlich größer sind, obwohl die Pachtentgelte pro Hektar gelten. Auch bei PV-Freiflächenanlagen besteht weiterhin das Problem des Ansatzes eines hohen Grundbesitzwertes, der nicht verschont werden kann – es sei denn, es erfolgt eine Beteiligung an der Strom produzierenden Gesellschaft als Mitunternehmer.
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