Sommerfest, Betriebsausflug, Weihnachtsfeier oder ein Dinner zum Jubiläum – viele Unternehmen organisieren für ihre Belegschaft Feiern oder Firmenevents, um sich für die geleistete Arbeit zu bedanken oder das Betriebsklima zu verbessern. Wird bei einer Betriebsveranstaltung der Freibetrag von 110 Euro je teilnehmender Person (maximal zwei Veranstaltungen pro Jahr) überschritten, liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Allerdings erlaubt der Gesetzgeber für den über 110 Euro hinausgehenden Restbetrag unter bestimmten Voraussetzungen eine Pauschalierung der Lohnsteuer zum Pauschsteuersatz von 25 %. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Anwendungsbereich für diese Lohnsteuerpauschalierung jetzt erweitert. Eine Betriebsveranstaltung kann nach einem Urteil vom 27. März 2024 auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.
Im Streitfall hatte die Klägerin 2015 eine Weihnachtsfeier veranstaltet, zu der ausschließlich Vorstandsmitglieder eingeladen waren. Zudem richtete sie im selben Jahr eine weitere Weihnachtsfeier für Mitarbeitende aus, die zum oberen Führungskreis gehörten, aber als Gruppe keinen eigenständigen Betriebsteil bildeten. Für beide Veranstaltungen hatte die Klägerin rund 177.000 Euro aufgewendet. Die den Teilnehmenden zugewandten Vorteile hatte die Klägerin nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen.
Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass es sich bei den übernommenen Kosten um steuerpflichtigen Arbeitslohn gehandelt habe. Die von der Klägerin beantragte Lohnsteuerpauschalierung ließ das Finanzamt nicht zu. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, der Begriff Betriebsveranstaltung setze voraus, dass die Teilnahme allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Betriebs oder Betriebsteils offenstehen muss, und erließ einen Nachforderungsbescheid. Weder der Einspruch dagegen noch eine Klage des Unternehmens vor dem Finanzgericht Köln waren erfolgreich.
Durch Rechtsprechung entwickeltes Begriffsverständnis nicht vollständig ins Gesetz übernommen
Der BFH hielt die von der Klägerin eingelegte Revision für begründet. Tatsächlich gab es vor 2015 keine gesetzliche Regelung, was als Betriebsveranstaltung zu verstehen ist. Der Begriff der Betriebsveranstaltung wurde stattdessen von der BFH-Rechtsprechung entwickelt, und die Finanzverwaltung hat diese Rechtsprechung in ihren Lohnsteuer-Richtlinien umgesetzt. Zum 1.1.2015 wurden jedoch erstmalig Regelungen zur Betriebsveranstaltung in das Einkommensteuergesetz aufgenommen. Dabei normierte der Gesetzgeber das bisherige, durch die Rechtsprechung entwickelte Begriffsverständnis nicht vollständig identisch im Gesetz, sondern definierte das Kriterium des Offenstehens lediglich als Voraussetzung für die Gewährung des 110-Euro-Freibetrags, wie der BFH nun in seinem Urteil festgestellt hat.
In Zusammenhang mit der Lohnsteuerpauschalierung sind Betriebsveranstaltungen im Gesetz seit 2015 dagegen wörtlich als „Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter“ definiert. Mit dieser Legal-Definition habe der Gesetzgeber genau festgelegt, wie der Begriff Betriebsveranstaltung in diesem Kontext verstanden werden soll, urteilte der BFH. Das Tatbestandsmerkmal des „Offenstehens“ habe in diesem Zusammenhang keinen Niederschlag in der gesetzlichen Regelung gefunden. Folglich könne es nicht länger als ungeschriebenes Kriterium des Betriebsveranstaltungsbegriffs herangezogen werden. Weil das Finanzgericht von anderen Grundsätzen ausgegangen war, hob der BFH die Vorentscheidung auf.
Fazit: Liegt eine Betriebsveranstaltung vor, die allen Mitarbeitenden des Betriebs oder Betriebsteils offensteht, kommt der 110-Euro-Freibetrag zur Anwendung. Das bedeutet: Betragen die Aufwendungen für die Betriebsveranstaltung maximal 110 €, liegt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Liegen die Kosten über 110 €, kann der Arbeitgeber den darüber liegenden Betrag pauschal mit 25 % lohnversteuern. Handelt es sich dagegen – wie im Urteilsfall – um eine Betriebsveranstaltung nur für einzelne Mitarbeitende, wird der 110-Euro-Freibetrag vom Gesetzgeber nicht gewährt. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall die an die Teilnehmenden gewährten Zuwendungen in voller Höhe versteuern. Er kann dabei laut BFH-Urteil den Pauschsteuersatz von 25 % anwenden.
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